domenica 30 agosto 2015

Entwicklung der römischen Stadtplanung (2)

Die Etruskischen Kolonialstädte

Wohl dank der Schriften griechischer Stadtbautheoretiker, des zunehmenden Wohlstandes und der vermehrten Kolonisationstätigkeit, verbreitete sich das orthogonale Bebauungsmuster überall im Mittelmeerraum. Wir finden es in Karthago genausogut wie in Etrurien (Marzabotto). Mit seiner Verbreitung entstehen zugleich verschiedene Spielarten. Dort, wo der griechische Einfluss direkter ist, wie in Kleinasien, Syrien, Ägypten und in der punischen Welt, bevorzugt man Grundrisse mit schmalen, langgestreckten Häuserreihen. In den Randgebieten griechischen Kultureinflusses, wie in Italien, entwickeln sich andere, vom “hippodamischen” Muster abweichende Formen des orthogonalen Schemas, wenn auch vielleicht in Anlehnung an griechische Vorbilder (10). Dieser frühe orthogonale Städtebau in Italien steht im Zusammenhang mit der etruskischen Kolonisationstätigkeit zwischen 550 und 450 v.Chr., die zwei Stossrichtungen hat: die eine strebt gegen Süden nach Kampanien, die andere nach Norden in die Po-Ebene und darüberhinaus (11).

In Kampanien entsteht die etruskischen Kolonie Capua (12). Strabon sagt, Capua sei im ersten Viertel des 5. Jahrhunderts v.Chr. von den Etruskern gegründet worden (13); Cato berichtet in seinen Origines, die Gründung der Stadt sei 260 Jahre vor ihrem Anschluss an Rom (ca. 340 v.Chr.) erfolgt und Velleius Paterculus bezeichnet als Jahr der Gründung das Jahr 800 v.Chr. Die archäologischen Funde zeigen, dass das Gebiet des antiken Capua seit dem 9. Jahrhundert v.Chr. bewohnt war. Capua liegt an der Via Appia und war der wichtigste Ort in Kampanien. Weil die Stadt in flachem Gelände liegt, kennen wir den orthogonalen Grundriss der Stadt relativ gut.

Die etruskische Herrschaft über Kampanien war nicht von langer Dauer. Bereits im 5. Jahrhundert v.Chr. mussten sich die Etrusker unter dem Druck der Samniter, die von den Bergen zur Küste drängten, zurückziehen, nachdem das Gebiet durch das Erstarken Latiums vom etruskischen Mutterland abgeschnitten worden war. Der Verlust Kampaniens führte zu einer verstärkten Kolonisationstätigkeit im Norden der Halbinsel. Wahrscheinlich nach der Schlacht bei Alalia im Jahr 535 v.Chr. entstanden nördlich des Apennin unter anderen die Städte Atria, Spina und Marzabotto.

Atria
Die ersten Spuren einer Siedlung im Gebiet der heutigen Stadt Adria reichen in die Zeit zwischen dem 10. Und dem 6. Jahrhundert v.Chr zurück als die Veneter Pfahlbauten in dem sumpfigen Gelände errichteten, das damals direkt am Meer lag. Am Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr. war Adria eine einfache etruskische Siedlung an der Mündung des Mincio. Wegen seiner strategischen Lage gründeten hier 385 v.Chr, die Syrakuser einen Handelplatz als sie ihre Handelsbeziehungen auf die Adria ausdehnten. Die Stadt wurde später Beute der keltischen Gallier. Durch die fortschreitende Verlandung der Po-Mündung verlor die Stadt ihren Standortvorteil und wurde nach und nach verlassen.

Spina (14) war im 5. Jahrhundert v.Chr. der grösste Adria-Hafen und stand in lebhafter wirtschaftlicher Verbindung mit Griechenland. Es war eine Lagunenstadt wie Venedig, in der sich der Verkehr auf einem Kanalnetz abwickelte, das, wie das Strassennetz “hippodamischer” Städte, orthogonal angelegt war. Chevallier (15) vertritt die Auffassung, dass Spina die erste nach orthogonalem Muster angelegte Stadt der Etrusker gewesen sei und als Vorbild für die Planung von Marzabotto gedient habe (16).

Den Grundriss von Marzabotto kennen wir durch die Ausgrabungen, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts erfolgen (17). Die orthogonal angelegte Stadt liegt 25 km südlich von Bologna im Reno-Tal an einer alten Pass-Strasse über den Appennin, die Etrurien mit der Po-Ebene verband. Lange Zeit hat man geglaubt, dass der etruskische Namen der Stadt  „Misa“ gewesen sei, weil der Ort auf einer heute Misano genannten Ebene liegt. Heute denkt man eher daran, dass der Ort Kainua hiess, denn darauf deuten die Inschriften auf zwei Bucchero-Gefässen hin, die 1999 in der Nähe des Tinia-Tempels gefunden wurden.

Die Stadt entstand in zwei Phasen, die von den Archäologen Marzabotto I und Marzabotto II genannt werden. Marzabotto I entstand zwischen 550 und 500 v.Chr. und war eher ein Dorf mit einfachen Hütten, die sich über die gesamte Ebenene verteilten, das aber schon Tempel, Kult- und Begräbnisplätze besass. Ein Kultplatz oder Altar stand in der Nähe einer Quelle.

Zu Beginn des 5. Jahrhunderts v.Chr entstand dann Marzabotto II, die orthogonal angelegte, nach etruskischem Ritus gegründete, streng nach den Haupthimmelsrichtungen ausgerichtete Stadt. Von dieser Stadt kennt man das orthogonale Strassennetz mit vier Haupt- und mehreren Nebenstrassen, die Grundmauern von mehreren Handwerkerhäusern mit Wohnteil und Werkstatt, die Akropolis mit Tempeln, mehrere Kultstätten, zwei Nekropolen, die Reste von Wasserleitungen und Abwasserkanälen, eine Ziegelei sowie eine Giesserei, die es schon in Marzabotto I gegeben hatte.

Stadtplan von Marzabotto II

Die Stadt wurde aber schon in der Mitte des 4. Jahrhunderts, infolge der keltischen Invasion in Norditalien wieder aufgegeben. Der Ort blieb seitdem unbesiedelt. Er ist für uns von besonderem Interesse, weil der ursprüngliche Stadtplan gut erhalten ist, weil ihn keine späteren Bebauungen zerstört haben. Die Ausgrabungsstätte und das dazugehörige Museum liegen unweit der Autobahn A1 (Mailand-Rom, Ausfahrt Sasso-Marconi).

Die etruskische Kolonisationstätigkeit im Norden Italiens kam bald durch die Besiedlung der Po-Ebene durch keltische Völker im 4. Jahrhundert v.Chr. zum Erliegen. Hauptorte wie Bologna (etr. Felsina) und Mantua erlangten später unter den Römern wieder überregionale Bedeutung, denn sie lagen an wichtigen internationalen Handelsstrassen.

Wie andere Völker auch, haben die Etrusker bei ihren kolonisatorischen Stadtneugründungen mit orthogonalen Bebauungsplänen gearbeitet. Die alten Städte Etruriens, wie Tarquinia, Caere, Vetulonia, Orvieto, Populonia, sind hingegen noch unregelmässig angelegt und aus langsamen Wachstum der Siedlungen oder dem Zusammenwachsen von älteren Siedlungen hervorgegangen (18).

Anmerkungen

(10) Heurgon, J.: Die Etrusker, Stuttgart (1971), S. 191
(11) Die etruskische Kolonisation in der Po-Ebene setzt Heurgon (op.cit.) ans Ende des 6. Jahrhunderts v.Chr., während Pfiffig (Einführung in die Etruskologie, Darmstadt (1972), S. 42) für eine Datierung ins 7. oder 6. Jahrhundert plädiert.
(12) Heugon, J.: Recherches sur l’histoire, la réligion et la civilisation de Capoue préromaine (1942) sowie: Pallottino, M., in La Parola del Passato, Nr. 47 (1956), S. 85ff.
(13) Strabon: Geographie V (Italien), 4.3
(14) Nach Pallottino, M.: Etruscologia, 6. Ed., Milano (N.D. 1973), S. 154, ist die etruskische Anwesenheit nördlich des Apennin gesichert für das Ende des 6. Jahrhunderts v.Chr., besonders aber für das 5. Und 4. Jahrhundert v.Chr.
(15) Chevallier, R., in: REA LIX (1957), S. 446
(16) Heurgon, J.: Die Etrusker, Stuttgart (1971), S. 193ff.
(17) Govi Elisabetta (a cura di), Marzabotto una città etrusca, Bologna 2007
Mansuelli, G.A.: Guida alla città etrusca e al museo die Marzabotto, 2. Ed., Bologna (1971); Mansuelli, G.A.: Una città etrusca nell’Appennino settentrionale, in: Situal (1965), S. 154-170; Mansuelli G.A.: La città etrusca di Misano, in: Arte antica e moderna, 17 (1962), S. 14

(18) Ducati, P.: La città etrusca; in: Historia IX (1931), S. 3ff.


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