martedì 25 agosto 2015

Die Ursprünge des orthogonalen Stadtplans

Die Suche nach den Ursprüngen des römischen orthogonalen Städtebaus hat Generationen von Forschern beschäftigt. Einige haben diesen Ursprung im griechischen und hellenistischen Städtebau gesucht, andere in der Anlage des römischen Militärlagers wie sie von Polybios und Hyginus beschrieben wird, wieder andere bei den Etruskern und in den Gebräuchen, die von den Agrimensoren beschrieben sind.

Griechische Vorbilder

Die ersten griechischen Kolonisatoren erreichten Italien schon am Ende des 7. oder am Anfang des 8. Jahrhundert v.Chr. In den darauffolgenden Jahrhunderten gründeten sie Kolonien in Sizilien und im Süden der italischen Halbinsel. Mit diesen Siedlungen wurde die Grundlage für einen intensiven Austausch materieller und geistiger Güter zwischen Griechenland und den italischen Völkern geschaffen.

Ihre Kolonisationstätigkeit zwang die Griechen dazu, sich intensiv mit den theoretischen und praktischen Problemen nicht nur des Städtebaus, sondern generell mit der Organisation einer Stadt auseinanderzusetzen, denn jede ihrer Städte war ein unabhängiger politischer Organismus, der für sich in jeder Beziehung verantwortlich war. Die Gründlichkeit, mit der sich die Griechen diesen Problemen angenommen haben, machte sie zu Spezialisten auf dem Gebiet der Staatstheorie, des Städtebaus und der Gesetzgebung. Die weniger entwickelten italischen Völker wandten sich deshalb nicht selten an die Griechen und fragten sie um Rat gefragt, vor allem in Fragen des Städtebaus und der Gesetzgebung.

Unsere Kenntnisse der griechischen Theorien reichen leider nur bis ins 5. Jahrhundert v.Chr. und basieren vor allem auf den Schriften von Platon und Aristoteles.
Die späteren Griechen schrieben die Erfindung des orthogonalen Bebauungsplans dem Hippodamos von Milet zu, weshalb auch die griechischen Bebauungspläne oft als “hippodamisch” bezeichnet werden.

Hippodamos, der wahrscheinlich am Ende des 6. Jahrhunderts v.Chr. in Milet geboren wurde, war ein praktisch, wie theoretisch tätiger Städtebauer. Ihm wird der Bau des Piraeus zugeschrieben, des im ersten Viertel des 5. Jahrhunderts entstandenen Hafens von Athen. Möglicherweise war er auch an der Gründung von Thurioi (444-443 v.Chr.), einer ionischen Kolonie in Süditalien, beteiligt (1). Ungewiss ist, ob er schon am Wiederaufbau seiner, von den Persern im Jahre 479 zerstörten Heimatstadt Milet beteiligt war, die streng nach orthogonalem Schema organisiert ist. Falsch ist die Annahme Strabons, er sei der Urheber des Plans für Rhodos, weil diese Stadt erst um 408-407 v.Chr. gegründet worden ist (2).

Hippodamischer Stadtplan von Milet

Die Zeugnisse orthogonalen Städtebaus reichen jedoch an der ionischen Küste Kleinasiens weit in die Zeit vor Hippodamos zuruck, der somit nicht dessen Erfinder sein kann. Schon im 7. Jahrhundert v.Chr. wurde die Stadt Smyrna nach einem Grossbrand nach orthogonalem Schema wiederaufgebaut, wovon einer Reihe gerader, nord-süd-gerichteter Strassen bekannt sind (3). Auch der Wiederaufbau Milets nach dem Perserkrieg erfolgte ohne direkte Beteilung von Hyppodamos, der wahrscheinlich erst dadurch angeregt worden ist, sich theoretisch mit der Stadtplanung auseinanderzusetzen. Hyppodamos ist also bei weitem nicht als Erfinder des “hyppodamischen” Städtebaus anzusehen. Eher ist anzunehmen, dass er über dieses Thema schrieb und ein Theorie dazu entwickelte.

Zu einer grossen Welle orthogonalen Städtebaus kam es, als die ionischen Städte Kleinasiens begannen, im 7. und 6. Jahrhundert v.Chr. Kolonien in Sizilien und Süditalien zu gründen. Zu diesen zählen: Megara Hyblea (gemäss der Überlieferung 753 v.Chr., aber sicher später anzusetzen), Akragas (580 v.Chr.) Metapontum und Selinus (beide sicher vor 500 v.Chr.), Neapolis (446 v.Chr.) Heraklea (433-432 v.Chr.), Syrakus, Poseidonia (Paestum), Zancle (Messina), Rhegion, usw.

Einer der ältesten diese Kolonien war Megara Hyblea. Die Stadt hat ein geradliniges, wenn auch nicht rechtwinklig sich kreuzendes Strassennetz, das aus der Zeit zwischen 650 und 600 v.Chr. stammt. Es gibt aber Hinweise dafür, dass dieses Strassennetz auf einem älteren aufbaut, das bei der Koloniegründung angelegt worden ist.


Nicht nur die neuen Städte in Sizilien und Süditalien erhalten orthogonale Grundrisse nach “hippodamischen” Muster, sondern auch die in Griechenland und Kleinasien, so Olynthos (4) (432 v.Chr.), Rhodos (408-407 v.Chr.) Knidos und Priene (beide um 360 v.Chr.).

Das Militärlager

Im antiken römischen Städtebau lassen sich gewisse Beziehungen zur Anlage von Militärlagern erkennen. Leider ist diese Beziehung von der modernen Forschung oft nur unter dem Aspekt der Ursprungs behandelt worden. Viel Zeit hat man mit der Diskussion der Frage verloren, ob das Konzept des orthogonalen römischen Bebaungsplans aus dem Plan der Militärlager hervorgegangen sei, oder, umgekehrt, ob der Lagerplan aus dem orthogonalen Städtebau enstanden sei. Diese Frage haben sich schon verschiedene antike Autoren gestellt und der zweiten Hypothese den Vorzug gegeben. Polybios (5) vergleicht die Anlage eines römischen Militarlägers mit derjenigen einer Stadt, und sagt: “ Das ganze Lager bildet ein gleichseitiges Rechteck (Quadrat); in seinen Einzelheiten gleicht es einer Stadt, vor allem wegen der Anlage der Strassen”.
Auch Livius (6) drückt sich in ähnlicher Form aus, denn auch er meint, dass das Lager eher einer Stadt gleiche als umgekehrt. 

Ein oberflächlicher Betrachter, der die römischen Stadtpläne von Aosta und Torino sieht, könnte daraus schliessen, dass diese nichts anderes seien als eine Anpassung des Militärlagers an zivile Bedürfnisse (7), aber diese Ähnlichkeit täuscht, und heute hat sich mehr oder weniger die Auffassung durchgesetzt, dass die Erfahrungen mit dem zivilen Städtebau das römische Militäringenieurwesen nicht wenig beeinflusst haben.

Das, was das römische Militärlager, wie es von Polybios und Hyginus beschrieben wird, und die orthonal angelegten Städte der Römer verbindet, ist die Rechtwinkligkeit ihrer inneren Aufteilung. Man kann auch noch die vier Tore und die Kreuzung der zwei Hauptstrassen hinzufügen, aber das ist schon alles. 

Schon das Raster, welches das Militärlager unterteilt, ist völlig verschieden von dem der Städte, schon aus dem einfachen Grund, weil die Bedürfnisse beiden Fällen sehr verschieden waren. Ein Militärlager wird entsprechend der verschiedenen Truppenteile unterteilt, für die es gedacht ist, während ein Stadtareal im Hinblick auf den Bau von Privathäusern, öffentlichen Gebäuden und Plätzen aufgeteilt wird.

Schematischer Plan eines römischen Militärlagers (nach Polybios)

Wenn man den antiken Quellen folgt, so ist der orthogonale Stadtgrundriss älter als der Militärlagerplan. Nach Frontin (8), haben die Römer mit der systematischen und rechtwinkligen Anlage ihrer Militärlager erst begonnen, nachdem sie das im Jahre 275 v.u.Z. von ihnen eingenommene Lager des Pyrrhus kennengelernt hatten. Zu dieser Zeit hatten aber bereits Norba (342 v.Chr.), Alba Fucens (303 v.Chr.) uns Ostia (um 325 v.Chr.) orthogonale Grundrisse erhalten. Aus diesem Grund erscheint die Hypothese vom Hervorgehen des orthogonalen Stadtplans aus dem Militärlagerplan wenig überzeugend.

Unzweifelhaft besteht ein Zusammenhang zwischen römischen Städtebau und römischen Militäringenieurwesen, schon allein aus dem Grund, weil es keinen Unterschied zwischen Zivil- und Militäringenieuren gab. Es gab keine Spezialisierung wie heute, und der Ingenieur und der Architekt mussten beide in der Lage sein, sowohl zivile als militärische Bauwerke zu planen. Auf diese Weise haben sich die Erfahrungen auf beiden Gebieten durchdrungen, und diese Vereinigung der Kenntnisse im gleichen Personenkreis hat sicher nicht unwesentlich die Entwicklung auf beiden Gebieten gefördert. Ausserdem ist anzunehmen, dass die römischen Ingenieure und Architekten, oder allgemeiner gesprochen, die technisch gebildeten Personen, die wir heute so bezeichnen würden, auch die städtebaulichen Konzepte der Griechen kannten.

Die oberflächliche Ähnlichkeit von Militärlager und Stadtplan lässt sich auch auf die von den antiken Ingenieuren und Agrimensoren benutzten Planungs- und Vermessungstechniken zurückführen. Diese Techniken sind wahrscheinlich schon viel früher bekannt gewesen und bei der Vermessung von Landstücken und bei Grenzziehungen benutzt worden. 


Die etruskische Disziplin

Verschiedene antike Autoren berichten vom etruskischen Ritual der Stadtgründung. Die Etrusker galten als Spezialisten auf diesem Gebiet. Das Ritual bestand, ausser gewissen religiösen Zeremonien und der Bestimmung eines glückverheissenden Tages, in der Begrenzung des Stadtareals durch eine Furche, die mit einem bronzenen Pflug gezogen wurde, vor dem ein Stier und eine Kuh gespannt waren. Dabei musste die Scholle nach innen fallen, so dass sie symbolisch die Stadtmauer darstellte und die Furche den vor ihr liegenden Graben. An den Stellen, an denen die Tore vorgesehen waren, wurde der Pflug angehoben und damit die Furche unterbrochen. Dieser primigenius sulcus galt als heilig, wie alle Grenzen bei den Etruskern, und bezeichnete den Ort an dem die Auspizien der Stadt endeten.

Unterteilung des Himmels gemäss der Disciplina etrusca

Schon zur Zeit Plutarch (46/48-125/127 n.Chr.) war die ursprüngliche Bedeutung vieler etruskischer Riten und Gebräuche nicht mehr ganz klar, und viele Elemente der etruskischen Tradition wurden miteinander vermischt, aber auch wegen ihres ehrwürden Alters respektiert.
 
In Etrurien aufgefundene Grenzsteine bestätigen die Angaben der antiken Schriftsteller, nach denen die Grenzen bei den Etruskern besondere Heiligkeit besassen und, dass derjenige, der sie verletzte, den Zorn der Götter zu fürchten hatte. Grenzen mit Verwünschungen zu schützen ist eine sehr verständliche Sache, wenn man bedenkt, dass es in den alten Gesellschaften keine genauen Katasterkarten gab und es deshalb leicht war, die Grenzen zu verschieben.


Die Etrusker haben bei der Gründung ihrer Kolonialstädte ebenfalls orthogonale Grundrisse benutzt. Zu diesen Kolonien gehören Atria, Spina und Marzabotto. Spina war im 5. Jahrhundert v.Chr. der grösste Hafen an der Adria und war in lebhafter wirtschaftlicher Verbindung mit Griechenland. Auf den Luftaufnahmen ist seine orthogonale Anlage gut erkennbar. Das bekannteste Beipiel ist jedoch Marzabotto im Renotal, 25 km südlich von Bologna.

Die Landvermessung

Bezüglich der römischen Stadtplanung haben auch die Bücher der römischen Agrimensoren viel Verwirrung verursacht, in denen diese die Flurvermessung und Flurteilung behandeln. Diese Schriften, von denen die ältesten vom Ende des 1. Jahrhundert u.Z. stammen, enthalten technische Regeln zur Landvermessung und Auszüge aus dem römischen Bodenrecht. Die Agrimensoren führten ihre Kunst gern auf die Etrusker zurück, manche auch auf die alten Agypter, hauptsächlich um auf deren hohes Alter hinzuweisen. Es ist anzunehmen, dass dies auch die Absicht Frontins war, wenn er Varro zitiert, der den Ursprung der Landvermessung auf die etruskische Disziplin zurückführt, nach der, zur Beobachtung des Vogelfluges, ein Bezirk abgegrenzt und nach den Himmelsrichtungen unterteilt wurde, den die Römern “templum”, nannten. 

Die Instrumente, mit denen man in römischer Zeit Flurgrenzen und andere gerade Linien im Gelände festlegte waren die groma, der Messtab und die Messlatte. Die groma war ein Instrument, das die gleiche Funktion wie die Kreuzscheibe hatte, die noch vor einem halben Jahrhundert von unseren Geometern benutzt wurde. Mit ihr konnte man gerade, sich rechtwinklig kreuzende Linien im Gelände ausfluchten. Der Name des Instruments ist die etruskische Form des griechischen gnomon, des Schattenstabs mit dem man die Mittagslinie bestimmte.. Wahrscheinlich wurde das Instrument in Italien bekannt und ist sein Name in die etruskische Sprache eingedrungen, als die Etrusker im 6. Jahrhundert v.u.Z. begannen Kampanien zu kolonisieren und dabei in direkten Kontakt zur griechischen Welt traten.


Anmerkungen

(1)   Die Gründung von Thurioi war eine gesamtgriechische Unternehmung unter Führung Athens. Diodor (XII 10) berichtet einige Details dieser Gründung, so von der rituellen Befragung eines Orakels, von der Auffindung einer Quelle, der Errichtung der Stadtmauern, der Anlage breiter Hauptstrassen (plateiai) und schliesslich vom Bau der Häuser, die durch Nebenstrassen (stenopoi) erschlossen waren.
(2)   Ward Perkins, J.: Cities …., op. cit., S. 11; sowie: Castagnoli, F.: Othogonal Town Planning, op. cit., S. 66-72
(3)   Ward Perkins, J.: Cities …., op. cit., S. 16
(4)   Olynthos, eine alte Hügelstadt auf der thrakischen Chalkidike, erhielt im Jahre 432 v.Chr. als Erweiterung ein nach orthogonalem Muster angelegtes Quartier
(5)   Polybios, VI 31, 10
(6)   Livius XLIV 39
(7)   Ward Perkins, J.B.: The Early development of Roman Town Planning. Acta Congressus Madvigiani Hafniae MDMLIV, vol. 4, Copenhagen 1958, p. 119
(8)   Frontin, Strategemata IV 1, 14

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