martedì 25 agosto 2015

Die Anlage des Stadtgrundrisses

Der Zweck eines Bebauungsplanes ist es, Strassen und Plätze sowie Baugrundstücke für öffentliche und private Bauten auszuscheiden. Im Bebauungsplan wird also die Einteilung des Stadtareals festgelegt. Bei Vitruv (1) heisst es dazu: Nach der Anlage der Ringmauer folgt innerhalb der Stadtmauer die Einteilung des Baugeländes und die Ausrichtung der Haupt- und Nebenstrassen nach den Himmelsrichtung”. Leider gibt Vitruv keinerlei Kriterien dafür an, wie dies zu machen sei.

Wenn wir Einzelheiten über die Einteilung römischer Stadtgrundrisse erfahren wollen, müssen wir diese im einzelnen betrachten. Man kann jedoch davon ausgehen, dass man bei der Anlage von Stadtgrundrissen auch in römischer Zeit von bestimmten Baugrundstückgrössen und Strassenbreiten ausging. Über die üblichen Grundstückgrössen und Strassenbreiten finden wir bei Vitruv und anderen Autoren keine Angaben. Wir können sie deshalb nur aus den archäologischen Befunden ableiten.

Der ideale Stadtgrundriss

Die ideale Form einer geplanten römischen Stadt, ist die eines von den Stadtmauern eingefassten Rechtecks, das durch ein Strassenkreuz in vier Regionen geteilt ist. Diese Hauptstrassen führen durch die vier Stadttore, von denen jedes auf einer Rechteckseite liegt, und setzen sich jenseits dieser Tore im Umland fort. Die vier Regionen sind nochmals durch Nebenstrassen unterteilt, die parallel zu den Hauptstrassen verlaufen. In der Mitte der Stadt, dort wo sich die beiden Hauptstrassen kreuzen, liegen das Forum und der Haupttempel der Stadt. Grossbauten wie Theater und Amphitheater sind meistens am Rande der Stadt angeordnet.

Die römischen Feldmesser bezeichneten die Achsen ihrer orthogonalen Felderteilung, der Centuriation, als „decumani“ und „cardi“, wobei die “decumani” diejenigen Achsen sind, die in Ost-West-Richtung verlaufen. Die Hauptachsen hiessen folglich “decumanus maximus” und“cardo maximus”. Für Stadtstrassen sind diese Bezeichnungen jedoch nicht überliefert.

Die von den Stadtstrassen begrenzten rechteckigen Felder werden heute oft als “insulae” bezeichnet, obwohl es keinen Hinweis darauf gibt, dass sie in römischer Zeit ebenfalls so genannt worden wären. Sie haben unterschiedliche Formate, sie reichen vom Quadrat bis zum langgestreckten Rechteck. Die rechteckigen Insulae können entweder parallel oder senkrecht zur Längsachse des Stadtgrundrisses, bzw. den Längsstrassen, angeordnet sein. Es ist heute schwer zu entscheiden, warum man jeweils eine bestimmte Teilung und eine bestimmte Aurichtung gewählt hat, denn die ursprünglich angestrebte, dem Plan zugrunde liegende Grösse der Bauparzellen ist meistens nicht bekannt. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Grundtücke ausserdem stark verändert, so dass heute bestenfalls nur noch das orthogonale Strassennetz der Städte erkennbar ist. In italienischen Städten hat sich das römische Strassennetz generell besser erhalten als in den von den Römern gegründeten Städten in Frankreich, England und Deutschland.

Rekonstruierter Stadtplan von Lucca (Quelle: Sommella, P. & C.F. Giuliani: La pianta di Lucca romana, Roma (1974).


Das Masssystem

In den römischen Stadtgrundrissen kehren bestimmte Masse häufig wieder: in der Regel sind diese durch 15 und 30 teilbar. Die zeigt, dass man bei der Planung Module von 15 oder 30 Fuss verwendet hat (1 Fuss = 0,2965 Meter). 15 Fuss sind in römischen Städten eine häufig vorkommende Strassenbreite. 15 Fuss entsprechen rund 4,50 Meter, also etwa einer Zimmerbreite, bzw. einer optimalen Holzbalkenlänge. Raumbreiten und –längen von 15 und 30 Fuss findet man auch in den Villen Palladios, zum Beispiel in der Rotonda in Vicenza. Die Korridore dieser Villa sind 6 Fuss, die Vorhallen 12 Fuss breit. Die zentrale Rundhalle der Villa hat einen Durchmesser von 30 Fuss. In anderen Gebäuden findet man auch Masse von 12, 18 und 24 Fuss. Man wählte also Masse, die durch 2, 3, 4, 5 und 6 teilbar sind.

Vitruv (2) spricht von einem Grundmass (modulus), dass der Gebäudeplanung zugrunde liegen sollte, damit die einzelnen Räume klare Proportionen erhalten. Dieses Grundmass muss nach ihm entsprechend seiner Teilbarkeit gewählt werden. Um möglichst viele Teilungen zu ermöglichen, muss man das 10er mit dem 12er System kombinieren. Masse von 12, 15, 18, 24, 30 Fuss erfüllen diese Forderung.

Hyginus (3), ein römischer Fachschriftsteller des 1. und 2. Jahunderts, nennt den Vorgang der Unterteilung eines Militärlagers “inceptatio metationis” und gibt an, dass diese Unterteilung auf einer Grundeinheit aufbaut, die sich aus der Grösse eines für acht Soldaten gedachten Zeltes ergibt. Für ein solches Zelt brauchte es eine Fläche von 12 x 12 Fuss (3,60 x 3,60 m). Der einem Militärlager zugrundeliegende Modul war somit 12 Fuss (3,60 m).

Hier noch ein paar theoretische Überlegungen zur Methode der Teilung eines orthogonalen Stadtgrundrisses: Generell kann man dabei additiv oder subtraktiv vorgehen. Additiv bedeutet, dass zunächst die Dimensionen der bebaubaren Flächen, der Insulae, und die Strassenbreiten festgelegt werden. Diese Elemente werden dann additiv aneinander gefügt: Insula – Strasse – Insula – Strasse usw. Wurden bei der Festlegung der Insulaseitenlängen und der Strassenbreiten Module oder Standardmasse benutzt, heisst da noch nicht, dass eine Insulaseite plus eine Strassenbreite wieder ein modulares Mass ergibt. Ein Beispiel: wenn eine Insulaseitenlänge 180 Fuss beträgt und eine normale Strasse 20 Fuss breit ist, dann ergibt aus der Addition beider Masse eine Länge von 200 Fuss. Während eine Insulalänge von 180 Fuss durch 30 und 15 Fuss teilbar ist, ist es das Gesamtmass von 200 Fuss (ca. 60 m) nicht.

Das subtraktive Verfahren besteht demgegenüber aus der Festlegung eines Grundrasters, sagen wir von 240 x 360 Fuss Seitenlänge, das über die Stadtfläche gelegt wird. In dieses Raster werden dann die Strassen eingezeichnet, dass heisst, von den Seitenlängen der Rechtecke des Grundrasters werden die Strassenbreiten abgezogen, so dass das was übrigbleibt, die Insulaseitenlänge bildet. Ziehen wir von den genannten Maschenweiten des genannten Grundrasters jeweils 20 Fuss für die Strassen ab, so erhalten die Insulae die Dimension von 220 x 340 Fuss.

Beide Vorgehensweisen sind bei der Anlage eines orthogonalen Grundrisses möglich, und sind auch heute noch bei der Planung von modular aufgebauten Bauwerken üblich. Man muss bei Beginn der Planung nur entscheiden, welche Methode im gegebenen Fall zweckmässiger ist. Wie bei der Einteilung römischer Stadtgrundrisse tatsächlich vorgegangen wurde, können nur genaue Massanalysen zeigen.

Das additive Verfahren empfiehlt sich, wenn bei der Planung standardisierte Grundelemente zu berücksichtigen sind, zum Beispiel Bauparzellen bestimmter Grösse. In diesem Fall ist die Grösse eines Baublockes, einer Insula, ein Mehrfaches einer Bauparzelle und bekommt somit modulare Aussenmasse. Die Strassenbreiten können in diesem Fall nach anderen Gesichtspunkten festgelegt werden, und es spielt keine Rolle, ob auch das sich ergebende Grundraster modulare Teilbarkeit besitzt. Sollte dies erwünscht sein und Vorteile bieten, so kann man immer noch Intervalle einfügen, welche die Modularität auch für das Grundraster herstellen.

Man kann also festhalten, dass bei der Anlage eines Bebauungplanes allgemein folgende Faktoren und Merkmale berücksichtigt wurden: die übliche Grösse von Bauparzellen sowie standardisierte Strassenbreiten.

Die Erstellung eines Bebauungsplanes ist nicht zuletzt auch eine Rechenaufgabe, weil am Schluss eine bestimmte Anzahl Baugrundstücke von bestimmter Grösse vorhanden sein muss. Auch dabei ist es praktisch und vorteilhaft, von rechteckigen Grundstücken auszugehen.

Die Teilung des orthogonalen Stadtgrundrisses soll nach Castagnoli (4), aus einem rechtwinkligen Achsenkreuz (bzw. aus der Kreuzung zweier Hauptstrassen) entstanden sein, das durch den Mittelpunkt des zu teilenden Areals gelegt wurde, und dieses in vier Regionen unterteilte, die anschliessend weiter unterteilt wurden.

Die Vermessung eines Areals mit der Anlage eines zentralen Achenkreuzes zu beginnen, entspricht allgemeiner Vermessungspraxis. Dass dies auch die römischen Vermesser so gemacht haben, zeigt sich an der Genauigkeit der eingehaltenen Planmasse. Was den Stadtgrundriss betrifft, findet man die Masse am genauesten im Bereich der Hauptachsen eingehalten, während sie immer ungenauer werden, je weiter man sich von der Stadtmitte entfernt. Die Messfehler lassen sich nicht aus aus dem Gebrauch der in römischer Zeit verwendeten Messinstrumente erklären. Der Visierfehler beim Gebrauch der “groma” beträgt maximal 5 Bogenminuten, das entspricht etwa einer Abweichung von 1,10 Meter auf eine Centurienlänge, d.h. auf 20 actus = 710,4 Meter) (5).

Das bedeutet, dass bei der Anlage der orthogonalen Stadtgrundrisse die Sekundärachsen nicht mit der “groma” eingemessen worden sind, sondern dass, ausgehend vom zentralen Achsenkreuz, die Abstände der einzelnen Vermessungslinien, mit der Stosslatte (pertica) oder mit dem Messtab (decempeda) abgetragen worden sind. Dieses Vorgehen kann, zumal in nicht ganz ebenem Gelände und wenn die Latten nicht ganz horizontal gehalten werden, zu beträchtlichen Messfehlern führen. Die Messungenauigkeiten in manchen römischen Stadtgrundrissen sind umso verwunderlicher, wenn man bedenkt, dass grossflächige Centuriationen äussert genau vermessen wurden und dass man mit den damals üblichen Messinstrumenten Stassen einen geraden Verlauf, oft über mehrere hundert Kilometer gegeben hat.

Abgesehen von wenigen Ausnahmen, lässt sich nicht erkennen, ob in gewissen Epochen und in gewissen Regionen des römischen Reiches bestimmte Teilungsmuster bevorzugt worden sind. Zu diesen Ausnahmen gehören die kleinen quadratischen Insulae von Timgad und Sabratha, die eben nur in Nordafrika vorkommen.

Anmerkungen
(1)   Vitruv, de architectura.  I, VI, 1
(2)   Vitruv, de architectura. IV, 1, 5
(3)   Hyginus gromaticus. De munitionibus castrorum. 45
(4)   Castagnoli, F.: Othogonal Town Planning, a.a.O., S. 124

(5)   Hotzel, P.: Die Centuriation, eine Form römischer Bodenordnung, Diss. TH-Darmstadt, Darmstadt (1972), S. 15ff.

1 commento:

  1. Herr Wienke, die Artikel sind wunderbar, so instruktiv und gut recherchiert! Ich bin gerade auf Ihre Texte zur Ausrichtung, Stadtgrundriss und Klima der römischen Städte gestossen. Haben Sie Ihre Text auch schon veröffentlicht in Druck? Ich wäre sehr interessiert daran. Viele Grüsse, Claudia Zipfel

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